Im Wettstein hat die Energie-Zukunft begonnen

Christoph Keller Energie
Energie
  • Interview: Julia Konstantinidis
  • Fotos: Julia Konstantinidis / zVg.

Kurzprofil

Verein wettstein21
Alemannengasse 93
4058 Basel
www.wettstein21.ch

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Im Wettstein hat die Energie-Zukunft begonnen

Christoph Keller, «wettstein21»

Der Verein wettstein21 setzt für den Wandel hin zu einer umweltgerechten, CO2-neutralen und sozial nachhaltigen Welt auf Kleinräumigkeit: Rund um den Initiator und Vereinspräsidenten Christoph Keller realisieren die Mitglieder im Wettstein-Quartier verschiedene Projekte, die dieses Ziel verfolgen.

Christoph Keller
Energie
  • Interview: Julia Konstantinidis
  • Fotos: Julia Konstantinidis / zVg.

Kurzprofil

Verein wettstein21
Alemannengasse 93
4058 Basel
www.wettstein21.ch

Christoph Keller ist ein neugieriger Mensch: Interessiert ihn ein Thema, verfolgt er es hartnäckig, bis er alle Fakten kennt. Diese Eigenschaft kommt dem Journalisten und Buchautor im Beruf zupass. Doch der 60-Jährige, der seit 2002 im Wettsteinquartier lebt, beschäftigt sich auch in seiner Freizeit mit Fragen, die ihn nicht mehr loslassen.

Es ist rund zehn Jahre her, als Christoph Keller begann, sich intensiv mit Energie- und Klimafragen zu beschäftigen. Der Auslöser für sein Engagement war eine Reportage, die den damaligen Redaktor von Radio SRF in das Dorf Freiamt im Schwarzwald führte: „Die Ortschaft baute eine autonome Energieversorgung mit Solar- und Windkraft sowie Biogas auf. Das funktioniert heute so gut, dass die Gemeinde einen Teil der produzierten Energie sogar an Dritte verkaufen kann.“

Diese Idee liess Keller nicht mehr los und fortan verfolgte er ein Ziel: Genügend Solaranlagen auf den Hausdächern „seines“ Quartiers mit rund 7000 Bewohnerinnen und Bewohnern zu installieren, damit eine eigene Energieversorgung möglich wird. Er fand zahlreiche Mitstreiter und Mitstreiterinnen in der Nachbarschaft. 2012 gründeten sie den Quartierverein wettstein21, dem Keller seither als Präsident vorsteht. „Die Zahl steht einerseits für das Jahrhundert, dessen Gestaltung in unseren Händen liegt. Andererseits ist sie eine Anlehnung an die Agenda 21 der UNO.“ Das Aktionsprogramm definiert den Begriff der Nachhaltigkeit nicht nur auf ökologischer Ebene, sondern auch auf ökonomischer und sozialer.

Es geht uns darum, Umweltansätze gesellschaftlich und wirtschaftlich sinnvoll umzusetzen.

Christoph Keller

Seit der Gründung des Vereins wurde eine Reihe von Photovoltaik-Anlagen realisiert – etwa auf den Dächern des Hotels Plaza oder den Gebäuden des Warteckhofs. „Aktuell produzieren Solaranlagen im Quartier Strom für ungefähr 200 Haushalte“, weiss Keller. Das ist noch bescheiden. Denn laut einer Energiestudie, die der Verein im Jahr 2013 für das Wettsteinquartier in Auftrag gab, könnten 85 Prozent des im Stadtteil benötigten Stroms mit Sonnenenergie produziert werden. Doch der Weg dorthin ist beschwerlich und benötigt viel Überzeugungsarbeit.

Das Wettsteinquartier könnte 85 Prozent seines Stroms selbst mit Sonnenenergie produzieren.

Christoph Keller

Um bei Fragen der Nachhaltigkeit näher in Kontakt mit den Quartierbewohnerinnen und -bewohnern zu kommen, initiierten die 30 Vereinsmitglieder deshalb weitere Projekte. So lancierte die Organisation im Jahr 2015 die wettsteinapp.ch. Sie funktioniert als Aus- und Verleihstation für Gebrauchsgegenstände sowie als Kanal für Quartiernachrichten und Informationen über einen nachhaltigen Lebensstil. Ebenfalls sozialen Charakter haben der offene Bücherschrank, der seit 2018 auf dem Wettsteinplatz steht, und der Quartierflohmarkt, für den wettstein21 mit anderen Quartierorganisationen zusammenspannt. „Veranstaltungen oder Plattformen, die Menschen zusammenbringen, funktionieren und sind beliebt“, hat der Vater zweier erwachsener Töchter gelernt. Gute Erfolgsaussichten hat deshalb auch der Wochenmarkt: Geht alles gut, werden schon bald jeweils mittwochs von 15 bis 19 Uhr auf dem Wettsteinplatz überwiegend regionale Produkte verkauft.

Plattformen, die Menschen zusammenbringen, sind beliebt

Christoph Keller

Trotz neuer Projekte, Keller lässt das Ziel, das Quartier autonom mit erneuerbarer Energie zu versorgen, nicht aus den Augen. „Noch immer stammen 70 Prozent der bei uns verbrauchten Energie aus fossilen Energieträgern.“ Der passionierte Segler orientiert sich am Pariser Klimaabkommen, das verlangt, den Verbrauch von fossilen Energieträgern auf null zu reduzieren. Um den Wandel herbeizuführen, denkt Keller im Kleinen. Hier im Quartier müsse vieles in Angriff genommen werden, was global von Bedeutung sei. Dazu gehört etwa der rasche Ersatz von Ölheizungen durch Wärmepumpen, oder auch eine andere, emissionsfreie Mobilität im Quartier. Gleichgesinnte sind jederzeit willkommen: „Unser Verein steht allen Bewohnerinnen und Bewohnern des Wettsteinquartiers offen.“

Wir möchten ökologische Ansätze sozial und ökonomisch sinnvoll umsetzen.

Christoph Keller

Publiziert im August 2019

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